Bratislava – Krönungsstadt der ungarischen Könige

 Nur wenige Städte können sich brüsten, dass gerade dort Krönungsfeierlichkeiten stattfanden. Bratislava hatte dieses Privilegium seit 267 Jahren. Während dieser Jahre fanden hier Krönungen der ungarischen Könige statt. 10 Könige, 1 Königin, 7 Königsehegattinnen wurden hier gekrönt. Sie waren zugleich tschechische Könige, deutsche Könige und strotzten sich auch mit der Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. In dieser Weise vereinigten sie fast den ganzen mitteleuropäischen Raum, und hatten einen großen Anteil am Europa- und Weltgeschehen. Wie kam es dazu, dass Bratislava eine Krönungsstadt ist?

 

Alles begann mit der Schlacht bei Mohács am 29. August 1526, wo Truppen des Königreiches Ungarn gegen Truppen des Osmanischen Reichs eine vernichtende Niederlage erlitten. In dieser Schlacht ist auch König Ludwig II. Jagelovský ums Leben gekommen. Weil er keinen Nachkömmling nachließ, trat ein Kampf zwischen dem reichsten ungarischen Adeligen Ján Zápo¾ský, der vom Mittel- und Kleinadel unterstützt wurde, und Ferdinand I. von Habsburg, der von den ungarischen Magnaten und vom Königshof unterstützt wurde, ein. Ján Zápo¾ský überholte den Gegner und am 10. November 1526 ließ er sich in Stuhlweißenburg (Székesféhérvár)zum ungarischen König wählen, und einen Tag später wurde er zum ungarischen König gekrönt. Ferdinand zögerte auch nicht. Er wollte den Thron, der ihm auf Grund des Vertrages mit Jagellon anhörte, nicht niederlegen. Er berief seine Anhänger zum ungarischen Parlament nach Bratislava ein, und am 17. Dezember 1526 ließ er sich dort zum König wählen.

In Ungarn kam es zur Doppelherrschaft und der langdauernde Kampf wurde erst mit dem Frieden von Oradea im Februar 1538 abgeschlossen. Beide Könige würdigten sich untereinander zu ungarischen Königen und jeder herrschte auf seinem Gebiet. Zápo¾ský herrschte über Siebenbürgen (Sedmohradsko) und im Mittel- und Nordostungarn, Ferdinand herrschte über westlichen Teil des Landes (fast die ganze Slowakei, Kroatien und Teil des Donaugebietes). Im "Ferdinands Teil Ungarns" wurde Bratislava zur Hauptstadt. Gleich am Anfang stand Bratislava auf Seite Ferdinands, hier wurde er zum König gewählt. Bratislava war auch nicht weit von Wien, und deshalb wählte sie nach dem Tod ihres Mannes die Königin Maria, die Schwester von Ferdinand und Ehefrau von Ludwig II. Jagelovský, zum Sitz ihres Hofes.

Vorteilhaft war die Lage von Bratislava. Die Stadt wurde von der Donau geschützt, und war auch nicht von Expansivität des Osmanreiches bedroht. Das waren offenbar die Gründe, warum das ungarische Parlament 1536 entschied, dass Bratislava zur Hauptstadt Ungarns wird. 1540 starb Ján Zápo¾ský, Ferdinands größter Rivale. Auf Grund des Friedens von Oradea beanspruchte Ferdinand, die Herrschaft über das ganze Ungarn zu haben, was später zur Vorwand der weiteren Spannungseskalation zwischen dem Osmanischen Reich und Ferdinand wurde.

Die Folge war die türkische Besatzung von Mittelungarn, einschließlich des damaligen Königssitzes Budin (1541), und auch die Besatzung der traditionellen Krönungsstadt Ungarn – Székesféhérvár (1543). So wurde Ungarn auf Hunderte Jahre in drei Teile geteilt. Mittelungarn wurde zum Teil des Osmanischen Reiches als Paschalik von Budin. Siebenbürgen war ein selbstständiges, vom Osmanischen Reich abhängendes Fürstentum, und aus dem Willen des Sultans fiel es Jan Sigismund, dem Sohn von Ján Zápo¾ský, zu. Westungarn gehörte dem Ferdinand. Bratislava war die Hauptstadt bis 1783 und der Sitz des ungarischen Parlaments bis 1848.

Am Ende seines Lebens versuchte Ferdinand, Regierungskontinuität seines Familienstammes im mitteleuropäischen Raum zu stabilisieren, und durchsetzte die Krönung seines Sohnes Maximilian zum ungarischen König. Die Krönungsfeierlichkeit fand am 8. September 1563 im St. Martins Dom am Feiertag der Geburt von Jungfrau Maria (Patronin von Ungarn). An dieser prunkhaften Feierlichkeit nahm Ferdinand schon als römisch-deutscher Kaiser teil. Nur wenige ahnten, dass er damit eigentlich die 267-jährige, bis 1830 dauernde Tradition der Krönungsfeierlichkeiten in Bratislava gründete.

Periode der größten Stadtentwicklung stellt die Regierungszeit Maria Theresias dar. Damals wurde Bratislava zur bedeutendsten und größten Stadt der ganzen Slowakei, sogar des ganzen Ungarns. Der repräsentative Königssitz und das Zentrum des gesellschaftlichen und politischen Lebens war die Bratislavaer Burg. 1775 ordnete Maria Theresia an, Stadtmauer und Stadttore zu demolieren und den breiten Wassergraben, der die Stadt umschloss, aufzufüllen. So entstand der Palastbautenraum und an der Wassergraben-Stelle entstand die Promenade, auf welcher das Stadttheater gebaut wurde (1776). Kirchengebäude wurden gebaut, die Burg wurde umgebaut und erweitert, neue Straßen entstanden, Bevölkerungszahl nahm dreifach zu, Ständeversammlungssitzungen fanden hier und auch Gesellschafts- und Kulturleben pulsierten hier. Eine der Neuigkeiten in der Architektur war Sommerpalastaufbau mit Ziergärten auf dem Stadtrande.

Regierung von Joseph II. bedeutete für Bratislava eine Ruhmregression. Bratislava war nicht mehr die Hauptstadt von Ungarn, am 13. Mai 1783 wurde die, bis dahin auf Bratislavaer Burg bewachte Königskrone, nach Wien weggeführt, was die Adelsmassenausreise aus der Stadt auslöste. Josephs Reformen wirkten auch auf Bratislava. Einige, in der Stadt residierte Kirchenorden wurden aufgelöst, ihre Vermögen wurden weiterverkauft, und Klöster wurden zu Schulen und Krankenhäuser umgesetzt. Joseph II. gründete in Bratislava das Generalseminar für die Priesterjungvolkerziehung, welches sich auf der Bratislavaer Burg befand, die gerade zu diesem Zweck umgebaut wurde. Auch Anton Bernolák und viele andere bedeutende Aufklärungsgelehrten studierten hier.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde durch die Napoleonischen Kriege gekennzeichnet. 1805 wurde nach der Schlacht bei Austerlitz (Slavkov) im Spiegelsaal des Primatial-Palasts Frieden zwischen Frankreich und Österreich abgeschlossen. Frieden dauerte nicht lange, weil schon 1809 Napoleons Armee die Stadt durch artilleristische Bombardierung aus dem rechten Donauufer zerstörte. 1811 brannte die Bratislavaer Burg wegen der Unachtsamkeit der, auf der Burg ansässigen Militärgarnison aus.

Das Kultur- und Musikleben, Wissenschaft und Technik entwickelten sich im 18. Jahrhundert in Bratislava rapid. In der Stadt gab es siebzig Zünfte und entstanden auch die ersten Manufakturen. Dadurch wurde Bratislava ökonomisch bedeutendste Stadt Ungarns.

 

Der Strassenbahnverkehr gehört zu den ältesten in Europa, dieser war früher als der Strassenbahnverkehr in Wien oder in Budapest in Betrieb. Bedeutend ist auch der erste Versuch um den Luftballonflug, der im Jahre 1784 realisiert wurde. Die erste Erwähnung von Straßenbeleuchtung kommt aus dem Jahre 1434, wobei Gaslampen erst im Jahre 1856 benutzt wurden. Regelmäßiger Postweg funktionierte seit 1530 und ein Postsitz ist seit 1400 bekannt.

 

Das Musikleben war sehr entwickelt und Kapazität von Musikaktivitäten war sehr groß. 6-jähriger Mozart konzertierte hier, Haydn war der Kapellmeister der Esterházy-Familie, 1796 besuchte diese Stadt zum ersten Mal auch Beethoven und im Dom wurde seine "Missa solemis" aufgeführt. 9-jähriger Franz Liszt kam in die Stadt und Bratislavaer Mätzen spendeten Geld auf sein Studium. Später bereitete er zusammen mit Rubinstein ein Benefizkonzert für den Denkmalbau des Bratislavaer Landeskindes – Komponisten J. N. Hummel.